________________________________________________________________________________ Deutsches Haus 02-04/00 Die Berliner Polizei hat am 17. Dezember einen türkischen Staatsbürger nach seiner Eheschließung mit einer Deutschen vor dem Standesamt festgenommen und in der Abschiebehaftanstalt Grünau mehrere Tage lang festgehalten. Im Gegensatz zu früheren Fällen, in denen eine Ehe durch Verhaftungen vor dem Standesamt verhindert wurde, hat der Mann einen eindeutigen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Wie die Polizei erst am 21. Dezember bekannt gab, haben mehrere Rechtsradikale am 5. Dezember in Cottbus einen Kosovo-Albaner angegriffen und misshandelt. Der 23jährige wurde dabei am Kopf verletzt. Ein Asylsuchender aus Bulgarien, den Polizeibeamte eines Sondereinsatzkommandos in Braunschweig Mitte Dezember angeschossen hatten, starb kurz vor Weihnachten an den Folgen der Verletzungen. Bundesinnenminister Otto Schily wiederholte vergangene Woche seine Ansicht, Zuwanderung bedeute eine »Belastung für Menschen, die schon hier sind« und müsse deshalb begrenzt und gesteuert werden. Die Rücknahme der von der Kohl-Regierung eingelegten »Vorbehalte« gegen die UN-Kinderrechtskonvention lehnt er weiterhin ab. Auf Grundlage dieser Vorbehalte werden in Deutschland minderjährigen Flüchtlingen Aufenthaltsrechte vorenthalten. Drei Tage vor Inkrafttreten des neuen Staatsangehörigkeitsgesetzes forderte der bayerische Innenminister Günther Beckstein, die Zuwanderung von Ausländern zu beschränken. Bei der Vorlage des Berichts »Ausländerintegration in Bayern« erklärte er am 29. Dezember, die Integrationskraft der Kommunen drohe, durch Missbrauch des Asylrechts überfordert zu werden. Das neue Staatsangehörigkeitsgesetz sei kontraproduktiv für die Integration von Ausländern. Er forderte, das Nachzugsalter von Kindern müsse von 16 auf sechs Jahre gesenkt werden und der Nachzug von Ehepartnern sei nur bei ausreichenden Deutschkenntnissen zu gewähren. Darüber hinaus reiche eine mündliche Sprachprüfung nicht aus, vielmehr sei auch eine schriftliche Prüfung notwendig. Auch der Familie des Kurden, der Ende Oktober in Erlangen trotz gegenteiliger Versicherung während eines Besuchs der Ausländerbehörde verhaftet und später in die Türkei abgeschoben worden war, droht nun die Abschiebung. Wie aus einem städtischen Schreiben hervorgeht, will die Kommune eine Aufenthaltsbefugnis nicht gewähren. Zwei der Kinder sind in Deutschland geboren, die Familie lebt seit 1980 in der Bundesrepublik. Alfred Dregger, Ehrenvorsitzende der CDU, hat in einem Brief an den italienischen Staatspräsidenten um eine Begnadigung des in Rom inhaftierten NS-Verbrechers Erich Priebke gebeten. Der ehemalige SS-Offizier war wegen seiner Beteiligung an der Erschießung von 335 Zivilisten im März 1943 in letzter Instanz zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Dregger schrieb, Priebke sei ein Opfer »der unversöhnlichen Rache« geworden. Unbekannte Täter haben im westfälischen Borken-Gemen einen jüdischen Friedhof verwüstet. Wie die Polizei mitteilte, wurden 14 von insgesamt 30 Grabsteine umgeworfen und zerbrochen. Gegen den Leiter der Braunschweiger Ausländerbehörde, Edgar Wrobel, wird seit letzter Woche wegen Freiheitsberaubung ermittelt. Der Niedersächsische Flüchtlingsrat hatte kurz vor Weihnachten Anzeige gegen den Amtsleiter erstattet, nachdem der bulgarische Flüchtling Zdrako Nikolow Dimitrow von Schüssen eines Sondereinsatz-Kommandos der Polizei erschossen worden war. Der Bulgare sollte auf Anweisung der Ausländerbehörde in Abschiebehaft genommen werden: Dafür trage Wrobel die Verantwortung. Die Braunschweiger Zeitung lehnte eine vom Niedersächsischen Flüchtlingsrat und von Pro Asyl geschaltete Todes-Anzeige für den Bulgaren »wegen des politischen Inhalts« ab. Unbekannte haben in der Silvesternacht den Bauzaun des Berliner Holocaust-Mahnmals beschädigt. Zwei Bullaugen, die als Sichtfenster im Bauzaun eingelassen sind, wurden dabei u.a. zerstört. Im sachsen-anhaltinischen Burg hat in der Silvesternacht eine Gruppe von elf deutschen Jugendlichen mehrere Asylbewerber angegriffen. Dabei riefen sie Nazi-Parolen. In Rathenow (Brandenburg) ist in der Neujahrsnacht ein pakistanischer Asylbewerber von Deutschen erheblich verletzt worden. Nach Angaben der Polizei waren fünf Deutsche auf sechs pakistanische Asylbewerber losgegangen. Der 24 Jahre alte Pakistaner wurde mit Verdacht auf ein Schädel-Hirn-Trauma ins Krankenhaus gebracht. Die Deutschen flüchteten. Ebenfalls in der Silvesternacht ist in Frankfurt/Oder (Brandenburg) ein 20jähriger Pole überfallen und geschlagen worden. Zuvor war der Student gefragt worden, ob er Pole sei. Als er dies bejahte, beschimpfte ihn der Unbekannte, prügelte auf ihn ein und versetzte ihm einen Fußtritt ins Gesicht. Erst als dem Opfer zwei Personen zu Hilfe kamen, flüchtete der Schläger. Der Pole trug eine Platzwunde davon. Ob der Angreifer der rechtsextremistischen Szene angehört, konnte die Polizei zunächst nicht sagen. Rund 40 Deutsche haben am Abend des 31. Dezember 1999 in Moers (Nordrhein-Westfalen) eine Moschee überfallen und verwüstet. Die Polizei nahm 22 Jugendliche fest, darunter auch Mitglieder der rechten Szene. Nach Informationen der lokalen Presse stammt ein Teil der Täter aus dem Stadtteil Moers-Meerbeck, in dem auch viele Türken leben. Die Berliner Stiftung Hilfe für die Familie hat in der letzten Woche beschlossen, Asylbewerberinnen künftig nicht mehr finanziell zu unterstützen. Die Stiftung, die vor allem schwangeren Frauen Hilfe anbietet, erhält dazu Mittel aus der aus Geldern des Bundes finanzierten Stiftung Mutter und Kind - Schutz des ungeborenen Lebens. Entgegen einer Einstweiligen Verfügung des Sozialgerichts verweigert das Arbeitsamt Nord in Berlin einem angolanischen Flüchtling die Verlängerung seiner Arbeitserlaubnis. Die aber wäre Voraussetzung für ein Bleiberecht. Obwohl gegen diese beim Landesarbeitsamt Berlin-Brandenburg gängige Praxis schon mehrfach erfolgreich geklagt wurde, hält das Amt an seiner Rechtsauffassung fest, erklärte letzte Woche eine Sprecherin. Zwar erkennt auch das Amt den Teufelskreis: »ohne Arbeit keine Aufenthaltsgenehmigung, ohne Aufenthaltsgenehmigung keine Arbeitserlaubnis«, eine besondere Härte wolle man daraus aber nicht ableiten. Die Gedenktafel in Eberswalde (Brandenburg) für den Angolaner Amadeo Antonio, den ersten von rechten Skins nach der Wiedervereinigung in den neuen Ländern ermordeten Ausländer, wurde letzte Woche beschädigt. Unbekannte beschmierten sie mit einem Hakenkreuz und rechtsradikalen Parolen. Ein Asylbewerber aus dem Tschad wurde am vorletzten Wochenende im brandenburgischen Rathenow von fünf jungen Männern angegriffen. Sie schlugen den 32jährigen und traten ihn mit den Füßen. Wie eine Kleine Anfrage der PDS-Bundestagsfraktion ergab, forciert Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) im Rahmen des so genannten Konsultationsverfahrens Abschiebungen in die Türkei. Mit diesem Verfahren kann das Außenministerium umgangen werden, wenn der Bosporus-Staat zusichert, die Abgeschobenen nicht zu verfolgen. Damit wird eine Vereinbarung zwischen Manfred Kanther (CDU), dem ehemaligen Bundesinnenminister Deutschlands, und seinem türkischen Amtskollegen Nahit Mentese zu einem Zeitpunkt umgesetzt, in dem der Lagebericht des Auswärtigen Amtes zur Türkei sich erstmals kritisch zur Situation abgeschobener Flüchtlinge äußert. Der Sprecher von Pro Asyl, Heiko Kauffmann, bezeichnete das Verfahren als »völkerrechtswidrige Umgehung des Flüchtlingsschutzes«. Zwei Männer haben letzte Woche in Belzig (Brandenburg) einen Inder im Supermarkt mit Schlägen traktiert. Wie das Polizeipräsidium in Potsdam mitteilte, gaben beide Täter als Motiv Ausländerfeindlichkeit an. Der in Deutschland lebende Bruder und Vormund einer 15jährigen Kurdin hat jetzt Strafanzeige gegen den Leiter der Ausländerbehörde des niedersächsischen Landkreises Verden, Gerd Depke, wegen Kindesentziehung im Amt gestellt. Depke hatte die Minderjährige 1998 eine rechtsungültige Verzichtserklärung für die Weiterführung ihres Asylverfahrens unterschreiben lassen und ihre »freiwillige Ausreise« organisiert, ohne den Vormund zu benachrichtigen oder das Jugendamt einzuschalten. Dabei war das elterliche Sorgerecht vom Amtsgericht Verden wegen der Verfolgung der Eltern auf den Bruder übertragen worden. Das Mädchen wurde in Ankara abgesetzt und musste sich alleine in die Heimatstadt ihrer Eltern durchschlagen, um dort festzustellen, dass beide in Haft sitzen. Beamte des Landeskriminalamtes Wiesbaden haben am Mittwoch letzter Woche in Berlin, Düsseldorf und Neu-Isenburg Redaktionsräume und Büros der prokurdischen Tageszeitung Özgür Politika sowie drei Wohnungen von Redakteuren durchsucht. Nach Angaben der Frankfurter Staatsanwaltschaft wurden dabei eine Person verhaftet und mehrere Dokumente beschlagnahmt. Die Anklagebehörde wirft der Zeitung vor, gegen das Vereinsgesetz zu verstoßen und die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK zu unterstützen. Der Berliner CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky hält eine Regelanfrage beim Verfassungsschutz bei Einbürgerungen für zwingend notwendig. Nach seinen Worten würden sich in der Hauptstadt »terroristische und fundamentalistische Gruppierungen sammeln«. Die Regelanfrage ziele dabei nicht so sehr auf türkische Mitbürger, sondern vor allem auf Menschen aus dem Irak und Iran. http://www.jungle-world.com ________________________________________________________________________________ no copyright 2000 rolux.org - no commercial use without permission. is a moderated mailing list for the advancement of minor criticism. more information: mail to: majordomo@rolux.org, subject line: , message body: info. further questions: mail to: rolux-owner@rolux.org. archive: http://www.rolux.org