****************** a.s.ambulanzen ******************* a.s.ambulanzen: Materialien gegen die Kontrollgesellschaften 1. "Ein Theoretiker der Zukunft vom Range eines Karl Marx, der allerdings undogmatisch und jeder Gewalt abhold ist." 1.1 BLUEAPS@aol.com: Pressemitteilung der Wissensnavigator 1.2 h0444wol@rz.hu-berlin.de: Presserückfrage den Wissensnavigator 1.3 BLUEAPS@aol.com: Re: Presserückfrage den Wissensnavigator 1.4 Wissensnavigator: Eigentum 1.5 Wissensnavigator: Fitnesslandschaften 1.6 Wissensnavigator: Gewalt und Gewaltlosigkeit 1.7 Wissensnavigator: Wissens-Ökonomie 1.8 Artur P. Schmidt: Alfred Herrhausen - Vorbild mit Visionen 1.9 Artur P. Schmidt: Die Metaebene der Walser-Bubis-Diskussion keywords: Wissensnavigation, Interaktivität, Hypertext-Prinzip, blaues Universum des Internet, Artur P. Schmidt, geistige Landkarte, Online-Community des Wissens, neues Denken, Ermahnungs- und Ermunterungsrede, optimistische Energien, Aufbruch ins nächste Jahrtausend, visionäres Abenteuer, Wissensmanagement, Denken in Systemen, Wissensnutzen, unkonventionelle Ideen, unkonventionelle Partner, Surfer, Liquiditätsprämie auf Wissen, Symbolanalytiker, Eigentümergesellschaft, Revolution im Management, Delphi-Studie, Ko-Evolution, Fitness-Gipfel, eingebauter Erfolgsverzicht, Endo-Welten, Cyberspace, Wettbewerb um Wissen, globales Gehirn, Echtzeit, Mensch bleiben, Kriminalität im eigenen Land, Weltregierung, world context, globales Bewußtsein, Global-Brain-Gedanke, Öko-Diktatur, Antitechnik, Antidemokratie, Antiwachstum, Antirationalität, Totalitarismus, Enteignungs-Workshops, geopolitisches Bewußtsein, Wettbewerbsfähigkeit, interne und externe Kommunikation, Informationsgesellschaft, Führungsanspruch, innovatives Banking, kultureller Kontextverlust, fehlerhaftes Denken, Innovationskraft, Glasnost für den Kapitalismus, Deutsche Einheit, Datenautobahnen, Information Highway, mentale Leistungen, Reaktionsgeschwindigkeit, Entscheidungsqualität, Gläubigerinteresse, interaktives System mit offenen Grenzen, Unternehmensimage, Unternehmenskultur, Sicherheitskonzept K 106, absolute Profis, Gral der ritterlichen Tafelrunde, Weltbürger, fußballfeldgroßer Alptraum, Interface der Wahrnehmung, postmoderne Reichskristallnacht, Medienevolution, schmales Zeitfenster, Phasenübergang im Umgang mit unserer Vergangenheit, deutscher Mandela-Punkt, Schnittstelle der Kontrahenten, Cyberwar, virtueller Holocaust, Cyberpeace, Ermächtigung zu einem neuen Holocaust, Ermächtigungsgesetze des Europäischen Rats, Unfähigkeit zum Trauern, Interaktivität und Wachsamkeit, Betonisierung, zukünftige Holocausts, interaktive Begegnungsstätten mit dem Zeitgeschehen, Exo-/Endo-Interface, Diskussionsforum für gegenwärtige Menschenrechtsverletzungen, Freiheit und Menschlichkeit zu jeder Zeit in Echtzeit #########################################################################[1.1]## Betreff: Pressemitteilung der Wissensnavigator Datum: Wed, 5 May 1999 10:06:28 EDT Von: BLUEAPS@aol.com An: h0444wol@rz.hu-berlin.de Der Wissens-Navigator - Das Lexikon der Zukunft Wissen ist auf dem besten Wege, die wirtschaftliche und soziale Ressource Nr. 1 zu werden. Mit Wissen unterversorgt sind wir freilich nicht. Traditionelle und neue Medien, Institutionen und Techniken stehen uns zur Wissensvermittlung zur Verfügung. Immer öfter aber verlieren wir die Orientierung im Meer des Wißbaren. Das World Wide Web mit seinen nicht enden wollenden Informationsmöglichkeiten ist das beste Beispiel dafür, daß wir neue Methoden der Wissensnavigation benötigen, wenn wir vermeiden wollen, richtungslos dahinzutreiben. Nach Hippias von Elis (5. Jh. vor unserer Zeitrechnung) bedeutet Enzyklopädie universale Bildung. Später wurde der Begriff auf die Darstellung des gesamten menschlichen Wissens ausgedehnt. Die bedeutendste systematische Enzyklopädie der Neuzeit entstand durch Diderot und d'Alembert von 1751-80 in 35 großformatigen Bänden, die unter Mitarbeit führender europäischer Wissenschaftler zum Standardwerk der französischen Aufklärung avancierte. Das politische Ziel der Enzyklopädie ist heute wie damals dasselbe: die Emanzipation breiter Volksschichten durch freien Zugang zum Wissen. Was in der Zeit der Interaktivität und der Vernetzung heute möglich wird, ist ein Lexikon nach dem Hypertext-Prinzip. Die Erfindung Diderots aus dem 18. kann zu Beginn des 21. Jahrhunderts in das blaue Universum des Internet übertragen werden. Die 256 Begriffe, in denen Artur P. Schmidts Wissensnavigator die wesentlichen Technologien, Managementgrundlagen, Lebensperspektiven und Werthaltungen unserer Zeit zusammenfaßt, haben zum Ziel, uns auf Kurs in Richtung Zukunft zu bringen. Artikel zu den wichtigsten neuen Wissensgebieten und Innovationen bieten dem Leser einen Leitfaden, der durch die Einzeldisziplinen hindurchführt und sie zusammenführt, um daraus einen neue Perspektive für die Welt von morgen zu entwickeln. Mit Hilfe der beigefügten CD kann das Lexikon der Zukunft auf dem Internet frei schwimmen, ohne dabei seine eigentliche Funktion zu verlieren - eine geistige Landkarte zur Verfügung zu stellen, mit deren Hilfe sich zielführend und erfolgreich in Wissensnetzen navigieren läßt. Zukünftig soll die Enzyklopädie zu einer Version 3.0, einer Online-Community des Wissens ausgebaut werden. Ob dies in der benötigten Tiefe und der erforderlichen Vielstufigkeit von einer Enzyklopädie für Wissenschaftler bis hin zum Lexikon für die Allgemeinheit gelingen wird, hängt von Ihnen ab, liebe LeserIn. Artur P. Schmidt, Der Wissens-Navigator, Das Lexikon der Zukunft, 410 Seiten, incl. CD-ROM, DVA-Verlag, Februar 1999, ISBN-3-421-05302-2, DM 49,80/ sFr. 46.- / öS 364,-. Sie können das Buch sofort und bequem über Amazon ordern: http://www.amazon.de Rezensionen: John Hormann, freier Berater und Autor aus New York und Baden Baden, 27 April 1999 Ein Pionierbuch neuen Denkens: „Seit dem ich dieses Buch habe, benutze ich es weit mehr als alle Duden und Langenscheidts. Der Wissensnavigator ist ein Pionierbuch neuen Denkens. Wer in die Zukunft blicken will, findet dort eine Fülle neuer Anregungen. Ein Muß-Buch." Florian Rötzer, Telepolis aus München , 23. April 1999 Aufklärungsbuch der Zweiten Moderne: „Der Wissensnavigator ist kein belehrendes Buch, in dem man die Gedankenketten eines Einzelnen wie etwa in Hegels Enzyklopädie nachvollzieht, es will vielmehr - und darin eher der Enzyklopädie der französischen Aufklärer gleichend - zu einem Katalysator werden, das selbstorganisierte und kollektive Prozesse auslöst. Deutschland gehe, wie Bundespräsident Herzog in seiner Ermahnungs- und Ermunterungsrede sagte, der Schwung ab. Es fehlen die optimistischen Energien zum Aufbruch ins nächste Jahrtausend. Der „Wissensnavigator" hat das Potential aus diesem Dilemma hinauszuführen und neue Gestaltungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Artur P. Schmidts Buch ist ein visonäres Abenteuer, dem man einen glücklichen Ausgang wünscht, der allein schon darin bestünde, daß der Wissensnavigator zu einer gemeinsamen Angelegenheit von vielen Menschen würde, als eine interaktive globale Enzyklopädie, von der man sich Wissen und Orientierung erhofft." Peter Bisang, Innovationsberater, Geneva Consulting and Management Group aus Balzers , 21. April 1999 Pionierbuch des Wissensmanagements: „Wir haben es nötig herkömmliche Denkwege zu verlassen und neues Pionierland im Bereich des Wissensmanagements zu erkunden. Dieses Buch navigiert Sie in die richtige Richtung." Prof. Otto E. Rössler aus Tübingen , 11. April 1999 Dieses Buch ist ein Muß: „Dieses Buch ist ein Muß für jeden Netzbürger. Artur P. Schmidt ist ein Theoretiker der Zukunft vom Range eines Karl Marx, der allerdings undogmatisch und jeder Gewalt abhold ist." Prof. Dr. Erich Häußer, ehemaliger Präsident des Deutschen Patentamtes aus München , 11. April 1999 Dieses Lexikon ist eine echte Bereicherung: „Das neue Lexikon der Zukunft eine ein neue Art der Darstellung zusammen- hängender Sachverhalte und ermutigt zum Denken in Systemen. Ich empfinde es deshalb als echte Bereicherung und habe daraus schon erheblichen Wissensnutzen gezogen." Der Wissensnavigator ist seit Ende März 1999 online im Netz verfügbar: http://www.dva.de/wissensnavigator #########################################################################[1.2]## Betreff: Presserückfrage den Wissensnavigator Datum: Wed, 05 May 1999 16:50:19 +0200 Von: ROLUX An: BLUEAPS@aol.com ******************************************************************************** ja hallo, das hoert sich ja super an. wie kommen wir denn zu der ehre, das so bequem gleich mitgeteilt zu bekommen? mit bitte um aufklaerung, undogmatisch yours: h0444wol@rz.hu-berlin.de ******************************************************************************** ROLUX h0444wol@rz.hu-berlin.de http://www2.hu-berlin.de/~h0444wol/rolux/ =============================== original message =============================== [...] ================================================================================ #########################################################################[1.3]## Betreff: Re: Presserückfrage den Wissensnavigator Datum: Wed, 5 May 1999 12:14:16 EDT Von: BLUEAPS@aol.com An: h0444wol@rz.hu-berlin.de Unkonventioelle Ideen finden immer unkonventionelle Partner. Einem Surfer bleibt übrigens kaum etwas verborgen. Außerdem bin ich Autor in Telepolis und surfe regelmäßig auf deren Homepage Mit besten Wünschen Artur P. Schmidt #########################################################################[1.4]## wissensnavigator.europop.net/management/wirtschaft/artikel_14.html Eigentum Eigentumsrechte sind Verhaltensrelationen zwischen Menschen, die aus der Existenz von Sachen (einschließlich Wissen) entstehen und sich auf deren Gebrauch beziehen. Ebenso wie Unternehmer ohne Verpfändung von Eigentum keinen Kredit erhalten können, werden sie in Zukunft ohne Liquiditätsprämie auf Wissen keine m Symbolanalytiker mehr dazu gewinnen können, für sie zu arbeiten. Der Übergang zur interaktiven, teilnehmenden Gesellschaft ist der Übergang zu einer Eigentümergesellschaft. Darin wird die eigentliche Revolution im Management bestehen. Eigentumsgesellschaften stehen unter einem ständigen Innovationszwang, um das Eigentum zu bewahren. Gesellschaften, die einigen wenigen gehören, reduzieren den Anreiz zur Arbeit und erhöhen den Anreiz zur Verschuldung. Dagegen entspringt technischer Fortschritt gerade der Notwendigkeit der Verringerung der Verschuldung von Eigentümern. Da durch Einkommen Eigentum geschaffen werden kann, kann die Preisstabilität nicht durch Zinspolitik gesichert werden, sondern benötigt eine Lohnpolitik, die zu einer gerechteren Verteilung im Unternehmen führt. In einer Delphi-Studie wird vorausgesagt, daß zwischen 2003 und 2010 die Mehrheit der Unternehmen ihre Belegschaft mit Aktien entlohnt, »weil es sich als motivations- und produktionserhöhend herausgestellt« habe. Im Jahr 2014 werde die Entlohnung aller Beschäftigten nur noch zu 50% auf der Arbeitszeit und zu 50% auf dem Arbeitsergebnis beruhen. #########################################################################[1.5]## wissensnavigator.europop.net/management/systemansatz/artikel_15.html Fitnesslandschaften Fitnesslandschaften sind komplexe Netzwerke, mit denen evolutionäre Verhaltensweisen simuliert werden können. Während weniger dichte Vernetzungen zu interner Ordnung führen, tritt in dicht vernetzten Systemen Deterministisches Chaos auf. Laut Kauffman findet bei schwacher Kopplung der Systeme Ko-Evolution statt. Auch in der Wirtschaft kann das Auftreten eines neuen Unternehmens oder eine Änderung der Verhaltensweise eines bestehenden Unternehmens die Fitnesslandschaft eines gesamten Marktes oder einer Branche verändern. Ein optimal geführtes Unternehmen ist eine Art komplexes adaptives System. Es ist immer auf der Suche nach neuen Gelegenheiten, füllt bestehende Marktnischen, bringt neue Marktnischen hervor und versucht dadurch, seine Komplexität zu steigern. Unternehmen, die eine Transformation von einem Fitness-Gipfel zum nächsten durchlaufen wollen, müssen hierzu ein Tal durchqueren. Dieser Anpassungsprozeß ist mühsam und wird von den meisten Managern gescheut. Viele Unternehmen können momentan auf dem Gipfel der Produktivität sein, jedoch kann sich dieser Gipfel langfristig als eine Sackgasse erweisen, wenn die verantwortlichen Manager das falsche Problem gelöst haben. #########################################################################[1.6]## wissensnavigator.europop.net/lebenswelt/a_systemische_perspektive/artikel_9.html Gewalt und Gewaltlosigkeit Gewalt ist schon wegen des eingebauten Erfolgsverzichts ein Fehler. Sobald man sie anwendet, hat man sich schwach gemacht. Die Bedingungen des Handelns bestimmt nun auf einmal die Gegenseite, weil man sich ihr gegenüber ins Unrecht gesetzt hat. Gewalt hat deshalb dieselbe falsche Note an sich wie ein Kompromiß. Kompromißbereitschaft wird im allgemeinen fälschlich als das Gegenteil von Gewalt mißverstanden. Alle sind, solange es geht, »nett« und schalten nur, wenn sie mit Nettigkeit nicht mehr durchkommen, auf grausame Gewalt um. Doch beide Attitüden sind eng miteinander verwandt. Beiden gemeinsam ist der Wirkungsverzicht. Wieso ist die Gewaltlosigkeit mächtiger als das Böse? Weil sie die Zukunft auf ihrer Seite hat. Der junge Gandhi (Schüler Tolstojs, des Erfinders der Kriegsdienstverweigerung) berücksichtigte diesen Zukunftsaspekt, als er Sorge trug, nach der illegalen Verbrennung seines Passes von der Polizei vor laufender Kamera verprügelt zu werden. Die Gewaltlosigkeit ist darauf angewiesen, daß es wenigstens einen Zeugen gibt. Gandhi sagte entwaffnend von sich, daß er »feige« sei. Alle andern, die den Mut besessen hätten, das Gewehr in die Hand zu nehmen, seien schon durch das Gewehr umgekommen. Der Mut zum Gehorsam unter Würdeverzicht ist in der Tat noch einschneidender als der zum gewaltlosen Ungehorsam. Warum aber tun das dann so wenige? Es könnte daran liegen, daß der Mut zum ehrlosen Gehorsam scheinbar von allen Umstehenden geteilt wird. In Wirklichkeit achten sie nicht minder verzweifelt darauf, ob jemand eine Alternative sieht, zeigen es aber nicht. Damit wäre die Unehrlichkeit als die eigentliche Ursache entlarvt. Ohne sie wäre der falsche Mut viel seltener. Die Stimme des »Dämonchens« (wie Sokrates das Gewissen nannte) wird von alters her als sehr leise bezeichnet. Doch vielleicht war Sokrates selbst nicht so pessimistisch. Daß das so gewesen sein könnte, wird durch die Erfahrung gestützt, daß es immer »mindestens einen« Umstehenden gibt, der wie die Zukunft reagiert. Er ist der einzige unter den Umstehenden, auf den es ankommt. Und mit ihm, wenn man ihm dankt, werden es dann immer mehr. #########################################################################[1.7]## wissensnavigator.europop.net/management/wirtschaft/artikel_2.html Wissens-Ökonomie Der Aufbruch in die Wissens-Ökonomie ist einer der faszinierendsten Evolutionsschritte, den die menschliche Gemeinschaft in den letzten 5.000 Jahren vollzogen hat. Dabei geht es nicht nur um eine bessere Verarbeitung von Daten, sondern um den Einstieg in Endo-Welten, die eine neue kollektive Form der Zusammenarbeit bei der Generierung von Wissen ermöglichen. Es entstehen neuartige intelligente Gemeinschaften, die die kognitiven Fähigkeiten ihrer Mitglieder und ihre Interfaces dramatisch erweitern. Die Räume des Wissens, die im Cyberspace gegründet werden, sind einzigartige Möglichkeiten für die Migranten des nächsten Jahrtausends: die Wissensarbeiter bzw. Symbolanalytiker. Die globale Präsenz symbolischer Codes und die Vielfalt möglicher Lösungsansätze im Cyberspace führen zu neuartigen virtuellen Organisationen, in denen sich Mitarbeiter, je nach aktueller Problemstellung, flexibel und temporär verschalten können. Dadurch werden neue Muster für die Lenkung, die Kommunikation und die Wissenserzeugung entstehen. Im Mittelpunkt der Wissensgesellschaft wird der Wettbewerb um Wissen, der Schlüsselressource des nächsten Jahrtausends, stehen. Zum ersten Mal in der Geschichte bekommen wir die Chance, Wissen in den Gebieten zu suchen, anzuwenden und zu erzeugen, die uns subjektiv am meisten entsprechen. Nicht auf die Zugehörigkeit etwa zu Nationen, sondern vor allem auf Interessen und Kernkompetenzen kommt es dabei an. Dem Zwang zur Weiterbildung tritt die Wahlfreiheit subjektiver Selbstfindung an die Seite. Wesentliches Merkmal der computerisierten Wissens-Ökonomie ist die Schaffung, Übertragung und Verarbeitung von Ideen. Je mehr Menschen sich daran beteiligen, desto mehr vernetzt sich die telematische Gesellschaft zu einem globalen Gehirn, dessen Aktivitäten in Echtzeit ablaufen. #########################################################################[1.8]## members.aol.com/blueaps/bluePlanet/magazin3.htm Wir müssen das, was wir denken, sagen. Wir müssen das, was wir sagen, tun. Und wir müssen das, was wir tun, dann auch sein. Alfred Herrhausen ALFRED HERRHAUSEN - VORBILD MIT VISIONEN Wer war dieser Mann, der die Bundesrepublik über alle Maßen liebte, der selbst keine Vorbilder suchte und statt dessen seine Verantwortung für das Ganze in sich selbst fand, der gerne Philosophie studiert hätte und Banker wurde, der Rosa Luxemburg ebenso zitierte wie Konfuzius oder Karl Popper, der das Rampenlicht suchte und sich trotzdem nicht durch Applaus täuschen lassen wollte, der Amerikaner, Japaner und Engländer durch seine Vorschläge zur Schuldenproblematik in helle Aufregung versetzte und der in dem Buch "Die andere Elite", als ein Typ wie Alain Delon, aus Samt und Stahl zugleich, als eine Mischung aus Harvard, Hollywood und Preußen- Prinz beschrieben wurde? Macht und Verantwortung Jürgen Jaumann portraitierte Alfred Herrhausen, weil er für das, was er sagte, stets eintrat, weil er Probleme immer zu Ende dachte und weil er bereit war, falsche Entscheidungen zu revidieren. In der Nachkriegsgeschichte Deutschlands gab es nur wenige Manager, die soviel Macht und Einfluß erreichten, trotzdem aber stets Mensch blieben, wie Alfred Herrhausen. Erst durch diese Eigenschaft konnte er die Welt zu seiner Bühne machen, zu Deutschlands mächtigstem Banker aufsteigen. Er hatte die besondere Gabe, zuhören zu können und sich Zeit für andere zu nehmen, getreu der Devise, daß der Fleissige immer Zeit hat. Seine Offenheit für Kritiker und seine Flexibilität im Handeln machten ihn zu einer Ausnahmeerscheinung im bundesdeutschen Management. Er war ein Mann, der wenn notwendig, auch durch geschlossene Türen ging, ohne Rücksicht auf seine Person zu nehmen. Hierbei hatte er nicht nur den Willen dies zu tun, sondern auch das Können seine Vorstellungen und Ziele umzusetzen. Ständig Neues dazuzulernen, Altes zu entlernen und nach besseren Lösungen zu suchen, waren für ihn selbstverständliche Attribute moderner Unternehmensführung. 1989, in dem Jahr, als Alfred Herrhausen durch einen feigen Anschlag getötet wurde, hatten Vorstände und Direktoren der Deutschen Bank über 400 Mandate in deutschen Aktiengesellschaften. Herrhausen war damals unter anderem Aufsichts- ratsvorsitzender der Daimler Benz AG, bei der die Deutsche Bank eine Beteiligung von nahezu 30 % hält. Kein Sprecher hat je offener über die Macht der Banken, aber auch über ihre gesellschaftspolitische Verantwortung referiert. Macht begann für Herrhausen nicht erst bei der Einflußnahme, sondern bereits bei der Möglichkeit dazu. Es war für ihn keine Frage, daß eine führende Wirtschaftsmacht wie Deutschland, ein gesundes und einflußreiches Bankensystem benötigt. Immer wieder betonte er, daß ein gesundes Finanzsystem zu den wichtigsten Aktiva jeder Volkswirtschaft gehört. Entscheidend für ihn war jedoch, wie man dies transparent macht, um eine hohe gesellschaftliche Akzeptanz für das eigene Handeln zu erreichen. Herrhausen hatte den Charakter, mit seiner Macht sorgsam umzugehen, zu der er auf einem Informationsforum in Frankfurt 1988 ausführte: "Natürlich haben wir Macht. Es ist nicht die Frage, ob wir Macht haben oder nicht, sondern die Frage ist, wie wir damit umgehen, ob wir sie verantwortungsbewußt einsetzen oder nicht." Die aktive Gestaltung der Wirtschaftspolitik war für ihn untrennbar mit verantwortlichem und wirksamem Management verbunden. Die Lösung der internationalen Probleme des Umweltschutzes, der Überbevölkerung, der Schuldenproblematik sowie die Fragen zur Zukunft der Arbeit, der Vermögensverteilung, der Sicherung der Renten, der Dringlichkeit öffentlicher Infrastrukturen und der Kriminalität im eigenen Land waren für ihn nicht aufschiebbar, sondern mußten vorrangig behandelt werden. Es stand für ihn außer Frage, daß Probleme globalen Ausmaßes nicht allein durch lokale Entscheidungsinstanzen gelöst werden können, sondern daß diese eine Weltregierung, freie Weltmärkte (er sprach auch von "world context") und ein globales Bewußtsein (Global Brain-Gedanke) erfordern, ganz im Sinne Teilhard de Chardins, der ebenfalls eine solche Entwicklung vorhersagte. Herrhausen lehnte jedoch jede Form von nostalgischer Natur- konservierung ab, da die Beseitigung marktwirtschaftlicher Strukturen unaufhaltsam in eine Öko-Dikatatur führen würde. Ein hochindustrialisiertes Land wie die Bundesrepublik Deutschland benötigte für ihn die ständige Erneuerung, auch wenn dies die Überwindung erheblicher Widerstände erfordern sollte. Herrhausen forderte deshalb eine kreative Unruhe, ein innovatives Chaos, um die Strukturen, Strategien und die Steuerung von Unternehmen ständig zu verbessern. Systemisches Denken war für ihn die Grundvoraussetzung für die Sicherung der Zukunft, da das blinde Durchsetzen von Antitechnik, Antidemokratie, Antiwachstum und Antirationalität unausweichlich in den Totalitarismus führt. Karriere Alfred Herrhausen, der 1930 in Essen geboren wurde und sich selbst als ein "Kind des Ruhrgebietes" bezeichnete, gehörte zu der Generation, die die Nachkriegszeit bewußt erlebten. Da er aus bescheidenen Verhältnissen kam, mußte er sich das Geld für sein Betriebswirtschafts-Studium als Bergmann verdienen. Sein Vater, der als Vermessungsingenieuer bei der Ruhrgas arbeitete, gab ihm damals die Weisheit mit auf den Weg, daß man um etwas zu erreichen, stets etwas länger arbeiten müsse, als die anderen. Diesem Grundsatz blieb er sein Leben lang treu. Seine erste berufliche Position führte den Betriebswirt, der über ein volkswirtschaftliches Thema promoviert hatte, durch Vermittlung seines Vaters zur Ruhrgas, wo er 1955 als Direktionsassistent seine Karriere begann. Später wechselte er zwar durch Vitamin B seiner ersten Frau zum Energieversorger VEW in Dortmund, doch war es ausschließlich seine Kompetenz, die ihn 1967 dort in den Vorstand einziehen ließ. Hier entdeckte ihn Fiedrich Wilhelm Christians, der ihn 1970 im Alter von 39 Jahren als stellvertretendes Vorstandsmitglied zur Deutschen Bank holte und bei der er nach bereits einem Jahr (sonst sind 3 Jahre üblich) zum ordentlichen Mitglied ernannt wurde. Das besondere an seiner Bankkarriere war, daß er zuvor als Industriemanager gewirkt hatte und somit, im Gegensatz zu vielen Bankvorständen ohne Industrieerfahrung, seine Aufsichtsratssitzungen keine Enteignungs-Workshops oder hochbezahlte Kaffeerunden darstellten, sondern strategische Meilensteine für die beteiligten Unternehmen. Seine Originalität zeigte sich auch dadurch, daß er Haupt- versammlungen, wo er den Vorsitz hatte, oft stehend leitete, um wie er betonte, Antworten mit Respekt und ohne zu scharfe Replik beantworten zu können. Herrhausen's geopolitisches Bewußtsein, daß er sich zuvor schon während seiner VEW-Zeit durch einen einjährigen New York-Aufenthalt bei der Empire Trust Company, einer mittleren Großbank, erworben hatte, erhielt durch seine Verantwortlichkeit für das internationale Geschäft, für Nord- und Südamerika, für die Außenhandelsfinanzierung sowie für den Bereich Volkswirtschaft bei der Deutschen Bank ihren letzten Schliff. Herrhausen war stets aktiv, wenn es galt, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie zu sichern und er scheute sich nicht davor, unbequeme Sachverhalte zu erörtern. Bereits 1974 wurde in die Bankenstrukturkommission für die Verbesserung des Kreditwesens berufen. Helmut Schmidt übertrug ihm 1977 die Neuordnung der deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie und 1983 war er einer der drei "Stahlmoderatoren", die ein Konzept für die krisengeschüttelten deutschen Hütten- konzerne erarbeiteten. Herrhausen half immer dort, wo er gebraucht wurde, ob als Mitbegründer des 'Initiativkreises Ruhrgebiet', bei der Neuordnung der skandalträchtigen deutschen Brennelementeindustrie oder als Direktoriumsmitglied für die erste deutsche Privatuniversität in Witten-Herdecke. Kein Vorstandssprecher der Deutschen Bank hat jemals freimütiger das statische Selbstverständnis der Deutschen Bank und ihre Innovationsresistenz in den Führungs- stilen hervorgehoben. Herrhausen war es, der gegen allerlei Widerstand seiner Kollegen, bereits 1971 die strategische Planung bei der Deutschen Bank etablierte, er war es, der in den 80er Jahren die interne und exerne Kommunikation als einen wesentlichen Erfolgsfaktor für die Erreichung der Unternehmensziele in einer zukünftigen Informationsgesellschaft betonte und er war es auch, der Ende der 80er Jahre die Deutsche Bank zunehmend dezentralisierte und durch transnationale Aquisitionen (z. B. Banca d'America e d'Italia oder Morgan Grenfell) zu einem Global Player für das nächste Jahrtausend auszubauen begann. Er forcierte 1986 den Einstieg der Deutschen Bank ins Bauspargeschäft und 1989 die Gründung einer eigenen Lebensversicherung. Den sukzessiven Aufbau des Beratungsgeschäfts als Dritter Säule neben dem Kredit- und Emissionsgeschäft, flankierte er durch die Übernahme der Unternehmensberatung Roland Berger & Partner 1987/88. 1985 wurde er zusammen mit Christians zum Vorstandssprecher und 1988 zum alleinigen Sprecher des Vorstandes der Deutschen Bank berufen. Damit hatte zum ersten Mal, zwei Jahrzehnte nach dem legendären Hermann-Josef Abs, wieder ein Manager die Alleinsprecherfunktion der Bank inne, ein Umstand der seinen Führungsanspruch aufs deutlichste unterstrich. Seine Vorstellungen reichten weit über das Tagesgeschäft hinaus. Sein Vortrag auf dem Internationalen Management- Symposium ISC im Mai 1989 in St. Gallen zur internationalen Strategie der Deutschen Bank gilt noch heute als Musterbeispiel seiner strategischen Brillianz und seiner überzeugenden Rhetorik. Er war ein Vertreter des innovativen Banking, der selbst die Trends vorgeben wollte, anstatt andere zu kopieren. Herrhausen holte mit John Craven, zum ersten Mal einen Engländer in den Vorstand der Deutschen Bank und setzte auch hier einen Meilenstein für die "Positionierung" (eines seiner Lieblingsworte) des Unternehmens. Freiheit Alfred Herrhausen war ein großer Freund der Künste und der Wissenschaften. So verwundert es nicht, daß er in seinem Büro ein Bild von Penck und zu Hause eine Sammlung von Klimt-Zeichnungen besaß. Der erkennbare kulturelle Kontextverlust, erforderte für ihn zunehmend eine Überwindung unseres fehlerhaften Denkens, damit die Ungewißheit über die Zukunft nicht zu einer Erstarrung unserer Strukturen und Prozeduren führt. Er setzte als Vorsitzender des Stiftungsverbandes für die Deutsche Wissenschaft ebenso Akzente, wie als Mitglied des Senats und des Verwaltungsrates der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften. Trotz seiner hohen zeitlichen Belastung als Vorstandssprecher der Deutschen Bank, sah er es als seine Pflicht an, mit dazu beizutragen, daß Deutschland in der Forschung wieder eine führende Position einnimmt. Die Wissenschaft und die Bildung waren für ihn bedeutende Quellen für die Innovationskraft und des Wohlstandes der Bundesrepublik Deutschland, wozu er ausführte: "Jede Gesellschaft kann auf Dauer nur so intelligent, leistungsfähig und erfolgreich sein wie die Menschen, aus denen sie besteht. Es kommt deshalb darauf an, immer wieder Bedingungen zu schaffen, die es erlauben, alle in ihr vorhandenen Fähigkeiten und Talente voll zu entfalten und auszuschöpfen. Dazu gehört zweierlei: - daß alle Menschen die Möglichkeit bekommen, sich zu bilden - die Chancen also gleich sind; - daß die besonders Begabten und Fähigen besser sein dürfen, ja besser sein sollen ... Dazu ist es nötig, Leistung zu fördern und sie anzuerkennen ... Es ist kein Luxus große Begabungen zu fördern, es ist Luxus, und zwar sträflicher Luxus, dies nicht zu tun." Alfred Herrhausen, der als Deutschlands mächtigster Banker eine hohe internationale Achtung genoß, betonte immer wieder, daß wir auch Glasnost für den Kapitalismus benötigen, wenn wir die freiheitliche Ordnung sichern wollen. Sozial bedeutete für ihn nicht, was die Gesellschaft für den Einzelnen tut, sondern daß, was der Einzelne für die Gesellschaft tut: Der Staat - das sind wir selbst. Deshalb gab es für ihn nur einen Weg, nämlich weg von der kollektiven Verantwortung hin zur Verantwortung des Einzelnen. Und diese war Alfred Herrhausen stets bereit zu übernehmen, da er die Bedrohung der Freiheit gerade in der freiesten Gesellschaft als am größten ansah. Herrhausen war mit Kohl in Moskau und sprach mit Gorbatschow. Er beriet den Kanzler, der ihn freundschaftlich "Don Alfredo" nannte, in wirtschafltichen Fragen und er war ein Verfechter der Einheit Deutschlands. Herrhausen's Mut und seine Entschlossenheit, seine Wahrheitsliebe und sein Charisma zeigte er auch, als er sich kurz nach Öffnung der Berliner Mauer am 09. November 1989 für die Wiedervereinigung aussprach und an der Gestaltung des 10-Punkte-Plans zur Deutschen Einheit mitwirkte. Er war stets ein Vorbild für uns alle, uns gesellschaftlich für eine bessere Zukunft zu engagieren: "Wir müssen uns jetzt mehr um die Dinge des Lebens kümmern, für die wir in den Aufbaujahren keine Zeit gehabt haben: Bildung, Gemeinsinn, persönliches Engagement, vernünftige Moral und moralische Vernunft, echte Autorität, Würde und gegenseitige´Achtung. Es ist ein schwerer Dienst an der Freiheit - ein Dienst, den wir in allen Bereichen unserer Gesellschaft leisten müssen. Das ist die Probe, der keiner von uns entgeht." Herausforderungen Alfred Herrhausen war ein entscheidungsfreudiger Mensch, dem sein Beruf sichtbar Freude bereitete. Für ihn waren Datenautobahnen schon in den 80er Jahren eine visonäre Herausforderung, also zu einer Zeit als der Begriff des Information Highway in den USA politisch noch gar nicht im Gespräch war. Er betonte, daß die Elektronik die mentalen Leistungen des Menschen unterstützt und wir uns deshalb neuen Technologien stellen müssen. Für ihn war es selbstverständlich etwas durchzu- setzen, daß er als richtig und wichtig erkannt hatte. Eine drittklassige Positionierung Deutschlands in Schlüsselbereichen wie der Computer- oder der Luft- und Raumfahrt-Industrie war er nicht bereit zu tolerieren. Es ist kaum anzunehmen, daß er die Fehlleistungen eines Ezard Reuter, den er 1987 zum Vorstandsvorsitzenden bei Daimler Benz kürte, bis zum Jahr 1995 geduldet hätte. Auch hätte Herrhausen, der Ende der siebziger Jahre selbst einmal Interesse bekundete, Daimler Benz zu leiten, im Gegensatz zu den heutigen Aufsichtsräten kaum zugelassen, daß die deutsche Luft- und Raumfahrt durch die Deutsche Aerospace zunehmend totgeschrumpft wird. Unter der Ägide von Alfred Herrhausen gäbe es deshalb heute mit Sicherheit keinen Vorstand Jürgen Schrempp bei Daimler Benz, da er sich der strategischen Tragweite einer deratigen Fehlbesetzung, nach dessen vorher- gehenden Fehlleistungen bei der DASA, bewußt gewesen wäre. Für ihn war Eigentum stets eine Aufforderung zum Tätigwerden, er war kein Sachverwalter von Kapital, sondern ein aktiver Gestalter seiner industriepolitischen Visionen. Im Gegensatz zu den meisten Bankern in Aufsichtsräten, hatte er die erforderliche Kenntnis der Märkte und die Fähigkeit Unternehmenspolitik aktiv zu überwachen. Für Herrhausen war es nicht denkbar, die Politik allein den Politikern zu überlassen, da diese die Staatsquote in den letzten Jahrzehnten ins Absurde überhöht haben. Probleme wurden für ihn nicht durch Bürokratien, sondern durch Märkte gelöst. Hierbei war es für ihn entscheidend, die Problemnähe der Mitarbeiter, die Reaktionsgeschwindigkeiten und die Entscheidungsqualität zu erhöhen. Ein funktionierender europäischer Binnenmarkt war für ihn ohne eine europäische Währungsunion nicht vorstellbar. Beides wollte er parallel entwickelt sehen, um die poltitische Vereinigung zur Europäischen Union vorzubereiten. Seine Weitsicht als politischer Banker zeigte sich auch in der Einschätzung der Reformmaßnahmen in den ehemaligen Ostblockländern, für die er ähnlich wie im Nachkriegsdeutschland, Marshallpläne und Kreditanstalten für den Wiederaufbau einforderte, um eine auf uns alle rückwirkende Destablisierung dort zu verhindern. Er betonte stets, daß das Weltschuldenproblem mit klassischen Ansätzen nicht zu lösen ist, da es sich um ein wirtschaftliches Strukturproblem handelt. Seine Vorschläge zum Schuldenerlaß für die Dritte Welt, waren Meilensteine für die Bewältigung der Krisensituation in Lateinamerika: "Ist ein Entgegenkommen der Banken gerechtfertigt? Die Antwort lautet: ja: denn eine mit diesem Entgegenkommen möglich gemachte Wiedergesundung ihrer Kreditnehmer ist langfristig auch im Gläubigerinteresse." Für Herrhausen war die Deutsche Bank kein "Closed Shop" für Finanz- Transaktionen, sondern ein interaktives System mit offenen Grenzen. Herrhausen wollte stets ein kompetenter Gesprächspartner der Medien sein, da für ihn eine Zielerreichung ohne Zustimmung der Öffentlichkeit nicht vorstellbar war. Die Medienwelt war für Herrhausen an einen entscheidenden Punkt vorgedrungen, bei dem er sich zunehmend die Frage stellte, ob wir uns tatsächlich in Richtung auf mehr Wirklichkeitsnähe zubewegen oder ob nicht vielmehr die Gefahr besteht, daß Wirklichkeit durch Zustimmung und Wahrheit durch Konsens ersetzt wird, wie er in seiner Rede vor der 'Wirtschaftspublizistischen Vereinigung' im Oktober 1989 betonte. Vermächtnis Da es nicht viele Manager mit seiner Kompetenz gibt, wurde er oft unruhig, wenn ihm etwas zu langsam ging oder wenn ihn Vorträge langweilten. Sicher hat auch Herrhausen Fehler gemacht, denn wer handelt macht Fehler. Aber er hat diese nicht ausgesessen, sondern gemäß seinem Wahlspruch stand er dazu und er korrigierte diese so schnell er nur konnte. Ihm war klar, daß in einer Gesellschaft, die sich immer mehr emanzipiert, gerade die Manager auf eine hohe Akzeptanz angewiesen sind. Handlung sah er untrennbar mit dem Begriff der Haltung verbunden. Führungs- kräfte, die Ja-Sager in die Führungsmannschaft holen, gehörten für ihn schnellst- möglich ausgewechselt. Herrhausen betonte stets, daß wir nicht die Schuld bei anderen suchen sollten, sondern stets bei uns selbst. Da das Unternehmensimage nie besser sein kann als die Unternehmenskultur, war es für Herrhausen unum- gänglich in Organisationen offen zu kommunizieren und Kritik nicht als Illoyalität oder Geschäftsschädigung zu diffamieren: Die Deutschen sollten vor allem lernen, anderen für hervorragende Leistungen die notwendige Anerkennung zu zollen. Dies war für ihn jedoch nur möglich, wenn wir die Institutionen überwinden und die Personen in den Mittelpunkt stellen. Auch wenn er selbst oft als unnahbar gesehen wurde, so wollte er in seinem innersten vor allem mehr Natürlichkeit, Unmittelbarkeit und Freude vermitteln. Einen nicht unwesentlichen Anteil an diesem Bestreben hatten seine zweite Frau, Traudl Herrhausen und seine Tochter Anna. Am 30. 11. 1989 um 8.30 Uhr stirbt Alfred Herrhausen in Bad Homburg durch eine Bombe, die seinen gepanzerten Wagen zerfetzte. Sein Fahrer Jakob Nix überlebte den Anschlag wie durch ein Wunder. Alfred Herrhausen's Tod lähmte die Bonner Republik und ruft auch heute noch viele Fragen hervor. Hat er sich zu sehr ins öffentliche Rampenlicht gestellt, wurde er deshalb zur Zielscheibe seiner Attentäter? Warum hat das damalige Sicherheitskonzept K 106 versagt? Wer tötete diesen Mann? Hat ihn wirklich die RAF ermordert oder war es vielleicht die Stasi? Oder stecken wegen seines Eintretens für den Schuldenerlaß der Entwicklungsländer amerikanische oder japanische Geheimdienste hinter seiner Ermordung? Vieles spricht dafür, daß dieser Mord von absoluten Profis durchgeführt wurde, sowohl die Präzision der Durchführung, als auch die Verwischung der Spuren. Nach 6 Jahren wäre es an der Zeit, daß dieser Fall aufgeklärt wird und daß endlich die Wahrheit ans Tageslicht kommt. Es ist nicht das Ziel dieses Artikels diese Fragen zu beantworten, sondern an eine herausragende Persönlichkeit zu erinnern und einen Impuls zur Aufklärung seiner Ermordung zu geben. Dies sind wir alle einem Menschen schuldig, der immer wieder betonte, daß man sich selbst nicht so wichtig nehmen sollte und der durch sein Verantwortungsbewußtsein mehr war als nur ein erfolgreicher Manager. Es waren seine Visionen, seine Fähigkeit zur Begeisterung anderer, seine Kühnheit und sein enormer Wille, die die "Die Welt" am Tage nach seiner Ermordung zur Aussage bewegte "Einer unserer Edelsten ist tot" und ihn somit in den Gral der ritterlichen Tafelrunde emportrug. Sein Freund und kritischer Ratgeber, Pater Augustinus, sagte über ihn: "Wenn wir in einer Gesellschaft leben würden, in der Wahrheit eher eine Selbstverständlichkeit ist, wäre Alfred Herrhausen nicht so auffällig." Diese Worte verdeutlichen am besten, welch unerhörter Verlust, der Tod des Weltbürgers Alfred Herrhausen, zwei Monate vor seinem sechzigsten Geburtstag, für die Bundesrepublik Deutschland bedeutete. Es bleibt zu hoffen, daß sein Vermächtnis, die ständige Erneuerung und den Wandel zu suchen, uns endlich begreifen läßt, was die Stunde geschlagen hat. APS DR.-ING. ARTUR P. SCHMIDT (APS) #########################################################################[1.9]## www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/2566/1.html Die Metaebene der Walser-Bubis-Diskussion Artur P. Schmidt 16.12.98 Erinnern im virtuellen Zeitalter Martin Walser wurde in diesem Jahr mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, der neben dem "Büchner-Preis" der bedeutendste deutsche Literaturpreis ist, ausgezeichnet. Der 1927 am Bodensee geborene Martin Walser ging ebenso wie die Nachkriegsschriftsteller Heinrich Böll und Günter Grass aus der "Gruppe 47" hervor und hat mit seinen Romanen auch international Anerkennung gefunden. Seine Kritik an der deutschen Teilung, die er als überwindbaren Zwischenzustand bezeichnete, ist ein wichtiger historischer Beitrag, der allen Deutschen Mut machte, die Teilung zu überwinden. Die vor kurzem von Martin Walser in der Paulskirche gehaltene Rede sorgte allerdings für erheblichen Zündstoff. Die Worte des Anstoßes in Walsers Rede sind: "Jeder kennt unsere geschichtliche Last, die unvergängliche Schande, kein Tag, an dem sie uns nicht vorgehalten wird. Könnte es sein, daß die Intellektuellen, die sie uns vorhalten, dadurch, daß sie uns die Schande vorhalten, eine Sekunde lang der Illusion verfallen, sie hätten sich, weil sie wieder im grausamen Erinnerungsdienst gearbeitet haben, ein wenig entschuldigt, seien für einen Augenblick sogar näher bei den Opfern als bei den Tätern? (…) Kein ernstzunehmender Mensch leugnet Auschwitz; kein noch zurechnungsfähiger Mensch deutelt an der Grauenhaftigkeit von Auschwitz herum; wenn mir aber jeden Tag in den Medien diese Vergangenheit vorgehalten wird, merke ich, daß sich in mir etwas gegen diese Dauerpräsentation unserer Schande wehrt. (…) In der Diskussion um das Holocaustdenkmal in Berlin kann die Nachwelt einmal nachlesen, was Leute anrichteten, die sich für das Gewissen von anderen verantwortlich fühlten. Die Betonierung des Zentrums der Hauptstadt mit einem fussballfeldgrossen Alptraum. Die Monumentalisierung der Schande." Das Problem des Ausblendens Was Walser sagt, muß im Hinblick auf seine Rolle in der Gesellschaft gesehen werden. Er ist von Beruf Autor und sieht sich, wenn er etwas schreibt, vorwiegend für sich selbst, d.h. vor seinem eigenen Gewissen verantwortlich. Bubis hingegen vertritt als Repräsentant eine Gruppe und hat neben seinem eigenen Gewissen auch die Belange von dieser ins Auge zu fassen. Somit hat Bubis ein anderes Interface der Wahrnehmung als Walser. Wichtig an der Diskussion ist es deshalb, daß beide das Interface des anderen besser verstehen und somit die Diskussion einen Nährboden kreiert, von dem positive Impulse für uns alle ausgehen können. Sicherlich scheint der Vorwurf der geistigen Brandstifters, wie in Bubis gewählt hat, sehr weit hergeholt. Erinnert er doch an den unsäglichen Reichstagsbrand, der von den Nazis gelegt und dann den Juden angelastet wurde. Bubis sieht sicherlich in Walser nicht eine Art Legitimierer einer postmodernen Reichskristallnacht. Aber, wenn ein rechtschaffener Mann wie Bubis solche Worte wählt, so tut er dies mit dem Wissen und dem Gespür von den Konsequenzen des Schweigens. Er sieht die Gefahr, daß ohne einen Diskurs wieder unschuldige Menschen zu Opfern werden könnten. Auschwitz muß das letzte Beispiel des kollektiven Ausblendens der Grauens in der Geschichte bleiben. Es darf sich nicht wiederholen. Was unsere Gesellschaft benötigt, sind Vorbilder, die als Teilnehmer handeln und die um die Stärke sowie die Macht des Handelns wissen. Als vor 60 Jahren in Deutschland die Synagogen brannten, begann die Ausplünderung der deutschen Juden. Die "Reichskristallnacht" stellt einen Wendepunkt in der Behandlung deutscher Bürger jüdischen Glaubens während der Nazi-Herrschaft dar. Da zunächst Bücher und in der Hybris des Dritten Reiches sogar Menschen verbrannt wurden, bildet die "Reichskristallnacht" den Anfangspunkt der Konstruktion einer gigantischen Vernichtungsmaschinerie, die Flusser als die Perversion des Maschinenzeitalters charakterisierte. Auch wenn der Einzelne geneigt ist, hier vergessen zu wollen, das gemeinsame Gewissen aller Deutschen kann nicht ausgeblendet werden. Das Schweigen brechen Die heftigen Diskussionen, die über Walsers Rede und die Erwiderungen von Ignaz Bubis geführt werden, offenbaren, daß es Themen in Deutschland gibt, die lange totgeschwiegen wurden. Die Medienevolution eröffnet jedoch neue Horizonte für die Bewertung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Wenn wir diese einzigartige Chance nutzen, können wir innerhalb eines schmalen Zeitfensters handeln und den Übergang in eine Telekratie verhindern. Dazu ist allerdings erforderlich, daß wir erkennen, daß die heftig geführte Diskussion, in die sich zahlreiche Politiker eingeschaltet haben, nur ein Stellvertreter für den eigentlich zu führenden Dialog von heute ist: Wie kann die Gefahr eines erneuten Holocaust abgewendet werden? In Deutschland wird immer wieder zu bestimmten Themen geschwiegen. Deshalb ist die Diskussion, die Walser mit seiner Provokation und Bubis mit seiner Erwiderung ausgelöst haben, notwendig und fruchtbar zugleich. Die verharmlosende Konsens-Gesellschaft, die einfach den Fernseher ausschaltet, wenn einem ein bestimmtes Thema nicht mehr gefällt, hilft im diskursiven Umfeld des World Wide Web nicht weiter. Vielmehr benötigen wir eine Auseinandersetzung in Form von Diskursen, die einen Phasenübergang im Umgang mit unserer Vergangenheit bedeutet. Denn nur durch eine offene Diskussion über Grenzbereiche unserer Vergangenheit können wir im Sinne Bubers unser ich erkennen. Deutschland war über 5 Jahrzehnte eine diskursive Steppenlandschaft. Dies konnte so nicht mehr weitergehen. Die Metaebene der Debatte von Bubis und Walser liegt in der Erörterung der Frage, welche Form die Erinnerung an den Holocaust gegenwärtige und zukünftige Generationen haben sollen. Der deutsche Mandela-Punkt Daß sich das abscheuliche Verbrechen des Holocaust politisch und medienwirksam instrumentalisieren läßt, hat der amerikanische Senator D'Amato in New York vorgeführt. Auch wenn Walsers Argument in diesem Falle zutrifft, muß vor einer unzulässigen Verallgemeinerung gewarnt werden. Letztendlich hat die Instrumentalisierung D´Amatos diesem nicht zum Wahlsieg geholfen und ihm letztendlich eher geschadet. Die Gefahr des Zuviel als Schande, die Walser beschreibt, birgt die neue Gefahr, daß man die Gefahren der Zukunft leugnet. An der Schnittstelle der Kontrahenten Walser und Bubis offenbart sich jedoch auch eine neue Chance für Deutschland. Anstatt dem heute propagierten Cyberwar mit dem Risiko des virtuellen Holocaust benötigen wir eine Initiative zum Cyberpeace und des Eintretens für die Freiheit. Dies ist die Chance für unser Land: ein deutscher Mandela-Punkt, von dem ab alles anders sein kann als zuvor, weil die Bewältigung der Vergangenheit gleichzeitig zu einer Brücke in die Zukunft wird. Diese Brücke ist die Vision der Freiheit und die Wahrung der Menschenrechte für alle Erdenbürger. Jan Assmann hat in der Zeit richtig festgestellt, daß wir in einem tiefgreifenden Medienwandel stecken, der auch eine sinnvolle Streitkultur erfordert. Deutschland steht an einer Weggabelung des Umgangs mit der nationalsozialistischen Vergangenheit, da gut fünf Jahrzehnte nach Kriegsende die Zeitzeugen aussterben. Die Nachgeborenen haben keine direkte Erinnerung, sie können nur indirekt über die Medien an das damalige Grauen erinnert werden. Die entscheidende Frage für die Nachgeborenen ist nicht die Frage nach der direkten Schuld, sondern die der indirekten Erinnerung und des Nicht-Vergessens. Die als Gegenentwurf zum Dritten Reich entstandene Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer Staat, der nicht nur seine Verantwortung gegenüber der Vergangenheit zu bewahren hat, sondern dieser nur gerecht werden kann, wenn er gegenwärtigen und zukünftigen Gefahren in die Augen sieht und jede neue Form eines Holocaust proaktiv bekämpft. Da wir uns in einem Phasenübergang in ein virtuelles Zeitalter befinden, benötigen wir aufgrund der neuen Interfaces auch einen neuen Umgang mit Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Deshalb ist die Abschaltung indirekter Medien keine Lösung, sondern Teil des Problems. Momentan bahnt sich in der Tat in den virtuellen Räumen die Ermächtigung zu einem neuen Holocaust an, der von dort aus in Windeseile auch die physischen Welten infizieren könnte. Die Tatsache, daß die geplanten Ermächtigungsgesetze des Europäischen Rates, wie zuvor die Gesetze zum "Großen Lauschangriff" in Deutschland, zur Einrichtung von Überwachungsbehörden von vielen Menschen nicht erkannt bzw. ignoriert werden, offenbart ebenso wie der Diskurs von Walser mit Bubis, daß wir nicht nur das Schweigen über die Ereignisse der Vergangenheit brechen müssen, sondern daß wir, wenn wir die Freiheit erhalten wollen, jetzt in der Gegenwart die neuen Bedrohungen der Zukunft erkennen sollten. Weil wir in einer Demokratie leben, scheinen wir vergessen zu haben, daß wir täglich die Freiheit neu erkämpfen müssen, wenn wir sie erhalten wollen. Wir sollten die Auseinandersetzung zwischen Walser und Bubis dafür nutzen, uns den Herausforderungen der Gegenwart zu stellen. Niemals zuvor seit Ende des 2. Weltkriegs war unsere Freiheit mehr gefährdet als jetzt. Das Holocaust-Denkmal Michael Naumann, Staatsminister für Kultur im Kanzleramt, der sich noch im Frühjahr gegen ein Holocaust-Denkmal in Berlin aussprach, favorisiert nunmehr ein Alternativmodell zum Entwurf des US-Architekten Peter Eisenman, welches ein Erinnerungsfeld mit 2.700 Betonstelen vorsah. Anstatt eines solchen Mahnmals sollte die Gedenkstätte für ihn nunmehr eine Ausstellungsfläche, eine Bibliothek, ein Institut zur Erforschung des Völkermordes sowie eine Außenstelle des jüdisch-historischen Leo Baeck-Instituts enthalten. Doch sowohl die in der Kohl-Ära angedachte Monument-Lösung als auch die Naumann-Vorschläge sind in die Vergangenheit gerichtete Aktivitäten, die für das Medienzeitalter nicht ausreichen. Damit findet die von Mitscherlich angeprangerte "Unfähigkeit zum Trauern" in der Regierungsära Schröder/Lafontaine, die wahrscheinlich als Berliner Technokraten in die Geschichte eingehen werden, ihre stereotype Fortsetzung. Wer ein Denkmal konzipieren will, das nur auf den Holocaust fixiert ist, klammert die Gefahren der Gegenwart und zukünftige Gefahren aus. Im Medienzeitalter erfordert Gedenken Interaktivität und Wachsamkeit. Wer diese wichtigen Faktoren ignoriert, wird der deutschen Geschichte nicht gerecht werden und unsichtbare Mauern errichten. Die Glaubhaftigkeit eines Holocaust-Denkmales wird davon abhängen, wie lebendig die Erinnerung gehalten werden kann. Walser Warnung vor einer Betonisierung sollte allerdings beachtet werden, da Beton ein Werkstoff ist, der dem multimedialen Zeitalter nicht gerecht wird. Walser hat Recht, wenn er ein inaktives Denkmal kritisiert, Unrecht hat er jedoch mit der Kritik an Symbolen, basiert doch die zukünftige Wissensgesellschaft vollständig auf Konstruktionen durch Symbole. Nicht das Nichterrichten eines Holocaust-Denkmals kann deshalb die Lösung sein, sondern die Errichtung eines Denkmals, welches den neuen Medien gerecht wird. Der intelligentere Werkstoff für ein Holocaust-Mahnmal kann deshalb nur ein interaktives Medium sein, welches in der Lage ist, unsere Wahrnehmung und Sensitivität für eine humane und gerechte Welt zu erweitern. Eine zukünftige Denkstätte muß interaktiv und echtzeitorientiert sein, und sie muß auch eine Stätte des Diskurses bieten, um zukünftige Holocausts zu verhindern. Eine Diskursstätte über den Holocaust sollte immer auch als Plattform begriffen werden, um gegenwärtige und zukünftige Verletzungen gegen die Menschenrechte und die Grundrechte der Bürger im Keime zu ersticken. Nur dann kann Flussers Vision der Menschwerdung Wirklichkeit werden. Schweigen und Menschwerdung sind unvereinbar. Freiheit kann nur dann erhalten werden, wenn der Kampf um die Freiheit als tägliche Aufgabe von jedem Einzelnen begriffen wird, und zwar mit dem Bewußtsein, daß das Gewissen jedes Einzelnen einen wichtigen Beitrag leisten kann, um zukünftige Unrechtsregime und Menschenrechtsverletzungen von Gemeinschaften und Einzeltätern zu verhindern. Einschalten statt Ausschalten Sowohl Walser als auch Bubis zeigen sich trotz eines Gespräches am 12. 12. 1998 in der Sache als unnachgiebig. Bubis nahm zwar die Aussage "geistiger Brandstifter" zurück, jedoch bleibt für diesen die Art und Weise wie Walser über die «Instrumentalisierung von Auschwitz» als "Moralkeule" und das "Wegsehen" von Berichten über Konzentrationslager gesprochen hat "verhängnisvoll". Die Romanfiguren bei Walser sind Anti-Helden und Verletzte, die von den Ansprüchen des leistungsorientierten bundesrepublikanischen Alltagslebens überfordert sind. Sie ziehen sich in ihren eigenen Kokon zurück und schalten sozusagen das Fenster zur Wirklichkeit aus. Hierin liegt das Hauptproblem in Walsers Äußerungen, da die Verteidigung der Freiheit gerade das Gegenteil von Ausschalten erfordert, nämlich das Einschalten, d.h. das aktive Eingreifen. Da wir dem Diskurs über unsere Vergangenheit und der Schuldfrage nicht ausweichen können, brauchen wir interaktive Begegnungsstätten mit dem Zeitgeschehen. Eine Gedenkstätte für den Holocaust muß eine Stätte des Cyberpeace sein, eine Impulsstätte für eine Gegenwart und Zukunft in Freiheit. Gerade die Bewahrung der Freiheit benötigt nicht nur ständiges Hinschauen, sondern auch permanentes Handeln. Ein interaktives Denkmal erlaubt es, die Grenzen zwischen innen und außen, zwischen Gewissen und kollektiver Schuld zu überwinden und ein neuartiges Interface zu schaffen, welches der gesamten Menschheit als Plattform für die Bewahrung der Freiheit dienen kann. Die daraus evolvierbare virtuelle Zivilisation könnte im Sinne Otto E. Rösslers eine Heimatstadt für all diejenigen werden, die Schutz vor Unterdrückung, Menschenrechtsverletzungen und Überwachungsstaaten suchen. Ein Denkmal in Form eines Exo-/Endo-Interfaces, als einer Begegnung zwischen physischer und virtueller Welt, eröffnet auch den erfolgreichsten Weg zur Versöhnung zwischen Israel und Deutschland. Ein solcher Exo-/Endo-Ort erlaubt uns nicht nur hautnah die Vergangenheit in multimedialer Form zu erleben und die Erinnerung wach zu halten, sondern dieser Ort kann auch ein Diskussionsforum für gegenwärtige Menschenrechtsverletzungen oder zukünftige gesellschaftliche Entwicklungen sein. Nutzt man die Möglichkeiten der neuen Medien, so können sowohl Walsers Bedenken als auch Bubis Erwiderungen in ein gemeinsames Interface integriert werden, ohne irgend etwas ausblenden zu müssen. Da wir das Geschehene nicht ungeschehen machen können, bleibt uns nur die Perspektive des verantwortlichen Eintretens für die Freiheit und Menschlichkeit zu jeder Zeit in Echtzeit. #########################################################################[EOF]## ******************************************************************************** ROLUX h0444wol@rz.hu-berlin.de http://www2.hu-berlin.de/~h0444wol/rolux/