******************* Erik Stein ******************* psychoClass.class Die Oberflächen von TV und Rechner kämpfen nicht gegeneinander. Gemeinsam beenden sie die staatliche Aktivität, die (neuerdings "neue") Realität abzubilden bzw. zu objektivieren, um sie dann in permanenten (Bild-)Archiven einlagern zu können. Stattdessen werden class libraries erzeugt, um darin jeweils Bereiche möglicher Eigenschaften der früher einmal einfach gefilmten Objekte zusammenzufassen. Zusammengeschlossen bilden sich alle Präsentationsformen die Struktur ihrer eigenen "Information für die Kommunikationsgesellschaft". Die Entwicklung von Klassen für die unterschiedlichsten Arten von Eigenschaften wird erlauben, das Entgleisen von Minderheiten aus dem Warenverkehr zu organisieren und sogar zu verhindern. Was wir auf den Monitoren sehen, die uns seit Erfindung der Passagen selbst auf der Straße umgeben, sind keine Objekte im alten Sinne mehr, die wir begehren oder kaufen könnten. Wir erkennen nur noch wieder, und zwar die tausenden Eigenschaftsdefinitionen all der Klassen, deren Erben (childs) jeweils eine Beziehung zu dem Bild des Objekts haben. Wir erkennen jeweils jeden möglichen default-user, und andere Kunden wird es nicht mehr geben. «Dem Übergang von der Disziplinar- zur Kontrollgesellschaft entspricht die Ablösung der [...] Wahrheitsproduktion durch die verallgemeinerten Prinzipien der Kommunikation, deren Macht über den menschlichen Körper nicht mehr auf der diskursiven Herstellung sexueller Subjekte beruht, sondern auf der technischen Verwandlung der Individuen und ihres Sexes in Information.» Was aber wird die Struktur dieser Information sein? Kontrolliert wird niemals der einzelne Körper, gefilmt überall gleichzeitig anwesend, kontrolliert werden die abstrahierten Körpereigenschaften, die der Körper wiederum gleichzeitig im Werbeumfeld und der Werbung selbst (auf dem Monitor) wahrnimmt: und diese abstrahierten Körpereigenschaften formen ihn nicht, den Körper, sondern sie bilden das Bild des Körpers im Körper, ein in Echtzeit bewegtes Bild, dessen Eigenschaften reduzierbar sind auf seine parent classes. Da dieser Prozeß über Bilder funktioniert, und er so, selbst wenn diese Bilder in Text-Form vorliegen, komplex ist, muß umgekehrt die Real Reality ständig vereinfacht werden. Der client ist nur das Bild, das er von sich auf dem Bildschirm sieht: er wird nur noch dessen und so seine eigene Evidenz bejahen. In den chat rooms der Real Reality wird es keine Kommunikation geben. «Mit dem Anwachsen der Zugriffsgeschwindigkeit auf sämtliche Repräsentationsformen [Präsentationsformen] sexueller Wunscherfüllung -- die sich ihrerseits in alle Richtungen ausdehnen und dabei die symbolischen Systemunterschiede [...] unwiderruflich verwischen -- wächst allerorts die Gefahr, selbst in den Bereich einer fatalen sexuellen Fehlrepräsentation des eigenen Begehrens zu geraten, [...] wo die Objekt-Bilder des Begehrens plötzlich wieder ins Reale einbrechen.» So der Zweck der Real Reality: Auf Websites von Fernsehsendern und Publikumszeitschriften sticht unmittelbar und immer der Link zum sogenannten "Erotischen" ins Auge. Einübung extrem vereinfachter explore strategies. Die Steigerung der Zugriffsgeschwindigkeit ist notwendig für die Errichtung des neuen Panoptikums: der Echtzeit-Bewegung -- statt des Wärters befindet sich in der Mitte des virtuellen Gebäudes ein sich unendlich schnell drehender konvexer Spiegel. Mit den digitalen Schnitt-Technologien werden die Schnitte selbst zu bewegten Bildern. Und mittlerweile bewegt sich selbst ein Großteil der Plakatwände, an den anderen, immer zu mehreren nebeneinander aufgehängten, müssen wir vorbeigehen und so bei deren Bewegung mithelfen. Wer weder Ton noch Bild des Fernsehers, noch irgendetwas anderes an- oder ausschaltet, ist genau in diesem Bildablauf in Echtzeit gefangen, der produziert wird, damit kein user die durch die Objekte und Dekors gezogenen Verwandtschaftsbeziehungen der class libraries sehen kann. Dabei läßt sich beim Fernsehen doch vor allem eines feststellen: Welche multidimensionalen Bevölkerungsteile gleichzeitig mit mir diese Bilder sehen. So ist es nicht nötig, in jeden Computer eine Live-Webcam zu installieren, um die von Virilio beschriebene Koinzidenz zu erhalten, die den Platz der Kommunikation einnimmt -- das würde ja die vor dem Terminal Sitzenden als Subjekte konstituieren. Subjekte aber braucht die Real Reality der Objekt-Klassen nicht länger. "Jede denkbare Perversion entspricht einem denkbaren Marktsegment, dessen Erschließung keine symbolische Ordnung mehr ins Wanken bringt (und auch keine neue mehr errichtet)." Sondern stets neue Marktsegmente und begehrenswerte Objekt-Bilder. Möglicherweise wird bald niemand mehr mit Waren noch mit Zeichen handeln -- Waren und Zeichen werden je nach user profile spontan gebildet und müssen dann bezahlt werden. Deshalb produziert Films d'action gratuite Filme, die sowohl den Lauf der Bilder in Echtzeit als auch die Identifikation der CLIENTObjekt-Eigenschaften im Bild zersetzen (bzw. arbeitet an einer Theorie dessen). Klassenloser Bildschnitt. Sichtbarmachung der industriell gefertigten explore strategies für Bildoberflächen. Abschweifende Bewegungen. Zerschnittene Zeitbilder. (sämtliche Zitate aus Sebastian Lütgert: Postskriptum für die Perversionen. Sade Masoch Kafka, ROLUX 1999.) -------------------------------------------------------- and a still animated gif-image (161 Bytes): Windows NT MacOS X BeOS - The Icon World/ The Media OS VISUAL JAVA Apple WebObjects QuickTime Media Layer: QuickTime, QuickTime VR, QuickDraw 3D ******************************************************************************** ROLUX h0444wol@rz.hu-berlin.de http://www2.hu-berlin.de/~h0444wol/rolux/