________________________________________________________________________________ Deutsches Haus 29-31/00 Vor dem Bundesarbeitsministerium in Berlin haben am 5. Juli Flüchtlinge gegen das Ausbildungs- und Arbeitsverbot für Asylbewerber protestiert. Der Erlass betreffe allein in Berlin 5000 Menschen, die nach ihrem Schulabschluss keine Chance auf Ausbildung haben. In Leipzig (Sachsen) begannen am selben Tag Asylbewerber aus sechs sächsischen Unterkünften eine Protestaktion gegen ihre Lebensbedingungen. Sie wollen bis auf weiteres die Annahme von Essenspaketen und Taschengeld verweigern. Der Staat müsse ihnen kostenlose Deutschkurse, Verbesserung der Lebensbedingungen und eine Arbeitserlaubnis gewährleisten, so ihre Forderung. Flüchtlinge, die keine Arbeit fänden, sollten wie Deutsche Anspruch auf Sozialhilfe haben. Sieben vermutlich zur rechten Szene gehörende junge Deutsche haben am 3. Juli in Düsseldorf (Nordrhein-Westfalen) einen Griechen und einen Afghanen angegriffen. Nach Angaben der Düsseldorfer Polizei kam der Grieche mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus. Der Afghane blieb unverletzt. Die Täter, zwei Frauen und fünf Männer zwischen 17 und 23 Jahren, wurden vorläufig festgenommen. Am 3. Juli wurden in Waltersdorf und Schönefeld (Brandenburg) mehrere vermutlich extralegal eingereiste Ausländer festgenommen. In Waltersdorf handelte es sich nach Angaben der Polizei um vier Inder, in Schönefeld wurde eine Iranerin mit drei Kindern zwischen zwei und elf Jahren aufgegriffen. Ausländer, die nach Ablehnung ihres Asylantrags ihre Ausreise missbräuchlich verzögern, haben auch dann kein Bleiberecht, wenn sie sich schon lange in Deutschland aufhalten. Das Oberverwaltungsgericht Koblenz sprach einer libanesischen Familie am 4. Juli das Recht ab, sich auf die Bleiberechtsregelung zu berufen, nach der Asylbewerbern, die vor Juli 1993 nach Deutschland eingereist sind, der Aufenthalt in der Bundesrepublik auch dann gestattet werden kann, wenn ihr Asylantrag abgelehnt wird. Dadurch, dass die Libanesen mit ungesetzlichen Mitteln wie Urkundenfälschung ihre Ausreise verzögert hätten, hätten sie ihren Anspruch auf dieses Recht verwirkt. Unbekannte haben in die Gedenktafel für die von den Nazis zerstörte Synagoge in Eisenach (Thüringen) Hakenkreuze eingeritzt. Die Tat wurde nach Angaben der Polizei in der vorigen Woche von Schülern entdeckt, die die Gedenkstätte regelmäßig pflegen. Wie lange sich die Hakenkreuze bereits dort befinden, ist unklar. Nach einer forsa-Umfrage sind 78 Prozent der Deutschen für ein Einwanderungsgesetz mit Quoten, 16 Prozent sind dagegen. Für die Einschränkung des Asylrechts plädieren 59 Prozent der Deutschen. Bei einem Brandanschlag auf ein Asylbewerberheim in Ludwigshafen (Baden- Württemberg) sind am 16. Juli drei Kinder verletzt worden. Nach ersten Ermittlungen hatten unbekannte Täter einen Brandsatz durch ein Fenster geworfen. Die Polizei schloss einen ausländerfeindlichen Hintergrund nicht aus. Am 12. Juli sind im Rahmen der Proteste gegen den Staatsbesuch des iranischen Präsidenten Mohammad Khatami elf Mitglieder des antirassistischen Voice-Forums noch vor der Kundgebung in Weimar (Thüringen) über zehn Stunden in Polizeigewahrsam genommen worden. Als juristische Grundlage für die Festnahmen diente die Residenzpflicht, nach der sich Asylbewerber nur innerhalb des Landkreises bewegen dürfen, in dem ihre Unterkunft liegt. Wie erst jetzt bekannt wurde, hat die Generalstaatsanwaltschaft Celle am 13. Juni ein Ermittlungsverfahren gegen den Leiter der Ausländerbehörde des Landkreises Verden (Niedersachsen), Gerd Depke, eingestellt. Depke hatte Mitte 1998 die damals 15jährige Kurdin Sevim Demir dazu gedrängt, ihren Asylantrag (rechtswidrig) zurückzuziehen, nachdem das Mädchen eine Rückkehr zu den Eltern in die Türkei gewünscht hatte. Anschließend organisierte Depke hinter dem Rücken des Rechtsanwalts des Kindes dessen »freiwillige Ausreise«. Obwohl weder Vormund noch Jugendamt über den Vorgang informiert gewesen waren, begründete das Gericht seine Entscheidung damit, dass Depke »einzig und allein das Kindeswohl im Auge hatte«. Am 11. Juli ist die mazedonische Roma-Familie Zumberov von der Duisburger Polizei aus ihrem Kirchenasyl herausgeholt worden. Der abgelehnte Asylbewerber Nehru Zumberov kam anschließend in Abschiebehaft, seine Frau und seine zwei schulpflichtigen Kinder warten in einer Flüchtlingsunterkunft ebenfalls auf die Abschiebung. Berlins Innensenator Eckhart Werthebach (CDU) hat sich in der vorigen Woche für schnellere Abschiebungen und eine Orientierung an »deutschen Interessen« ausgesprochen. Die »minderheitsorientierte Politik« der »permanenten Selbstzerfleischung« unter Rot-Grün müsse ein Ende haben. Ausländern, die nicht integrationswillig seien, solle das Bleiberecht entzogen werden. Das Land Berlin hat im vergangenen Jahr 4 331 Abschiebungen durchgeführt, prozentual deutlich mehr als in anderen Bundesländern. In der Nacht zum 9. Juli haben deutsche Jugendliche eine Gruppe von 17 russischen Spätaussiedlern in Ducherow (Mecklenburg-Vorpommern) überfallen. Die Russlanddeutschen hatten sich nach Polizeiangaben in einem Pfarrhaus aufgehalten, als die 15 jungen Männer dort die Scheiben einwarfen. Als einige der Aussiedler das Haus verließen, wurden sie mit den Worten »Polackenschweine« beschimpft und geschlagen. Zwei erlitten Verletzungen. Am 7. Juli ist in Neubrandenburg (Mecklenburg-Vorpommern) ein 40jähriger Asylbewerber aus Nigeria von Rechtsextremisten schwer misshandelt worden. Nachdem die Täter ihn zunächst im Stadtbus beschimpft hatten, prügelten sie anschließend mit einer 60 Zentimenter langen Eisenkette auf den Mann ein und schlugen ihn mit einer Flasche auf den Kopf. Der Nigerianer erlitt Prellungen und eine Platzwunde am Hinterkopf. Am 19. Juli wurde die mazedonische Roma-Familie Zumberov von Düsseldorf (Nordrhein- Westfalen) nach Skopje abgeschoben. Die Eltern und ihre zwei Kinder waren in der vorvergangenen Woche von der Polizei gewaltsam aus ihrem Duisburger Kirchenasyl geholt worden. Auch in Zukunft wird das Land Brandenburg »unerwünschte Ausländer« in ihr Herkunftsland abschieben. Wie das brandenburgische Innenministerium am 18. Juli mitteilte, waren es im ersten Halbjahr dieses Jahres 711 Personen. Bei 397 Personen handelte es sich um Nichtdeutsche, die sich illegal in Deutschland aufhielten, die anderen 314 waren Asylbewerber, deren Anträge abgelehnt worden waren. In der Nacht zum 16. Juli haben sieben Jugendliche in Barth (Mecklenburg-Vorpommern) sechs kenianische Männer zunächst angepöbelt und dann verprügelt. Zwei von ihnen wurden leicht verletzt. Sechs der Angreifer sind der Polizei aus der rechten Szene bekannt. Gegen sie wird wegen schwerer Körperverletzung und Beleidigung ermittelt. 300 Menschen haben am 15. Juli in Berlin gegen rechte Gewalt und »rassistische Politik« unter Innensenator Eckart Werthebach (CDU) und Innenminster Otto Schily (SPD) protestiert. Die staatlichen Maßnahmen gegen Rechtsextremismus seien nicht ausreichend. Die Demonstration war von der Afrikanischen Ökumenischen Kirche veranstaltet worden. Fünf Jugendliche, die nach Angaben der Schweriner Staatsanwaltschaft der rechten Szene angehören, haben am 12. Juli in Wismar (Mecklenburg- Vorpommern) einen Obdachlosen totgeprügelt. Der 52jährige wurde mit schweren Kopf- und Rippenverletzungen in einem Abrisshaus gefunden. Vier Tage nach der Tat erlag der Mann im Krankenhaus seinen Verletzungen. Die Täter, die zwischen 19 und 22 Jahren alt sind, haben den Angriff am Freitag gestanden. Sie hätten den Mann auf der Suche nach Bargeld getreten und geschlagen. Gegen sie wurde wegen Verdacht des gemeinschaftlichen Mordes Haftbefehl erlassen. Die seit 1995 in Saalfeld (Thüringen) lebende kurdische Famile Candan ist von der Abschiebung bedroht. Nasrettin Candan wurde in der Türkei wiederholt gefoltert und inhaftiert und ist zudem schwer herzkrank. Seiner Frau Emine Candan wurde von behandelnden Fachärzten Reise- und Haftunfähigkeit attestiert. Der Thüringer Flüchtlingsrat befürchtet bei einer Rückkehr der Eltern und ihrer neun Kinder in die Türkei Gefahr für »Leib, Leben und Freiheit« der Betroffenen. Der angolanische Friedensaktivist Emanuel Matondo hat nach zehnjährigem Aufenthalt in Berlin seine »Duldung« in der Bundesrepublik nicht verlängert bekommen. Da er fünf Tage nach Fristende deutschen Boden betrat, kann er sich nicht auf die so genannte Altfallregelung berufen. Dem Angolaner drohen nun Abschiebehaft und Ausweisung. Matondo gehört zu den Gründern der angolanischen antimilitaristischen Menschenrechtsinitiative (IAADH), die von der angolanischen Regierung politisch verfolgt wird. Die neue Einwanderungskommission muss nach Ansicht von Innenminister Otto Schily (SPD) die Frage des Asylrechts zum Thema haben. Der Wochenzeitung Die Zeit gegenüber beklagte Schily die hohe Zahl der Asylbewerber und sprach sich für ein verkürztes Asylverfahren aus. Dabei sei die Möglichkeit eines Asylverfahrens ohne Einbindung der Justiz und Rechtsweggarantie vorstellbar. http://www.jungle-world.com ________________________________________________________________________________ no copyright 2000 rolux.org - no commercial use without permission. is a moderated mailing list for the advancement of minor criticism. post to the list: mailto:inbox@rolux.org. more information: mailto:minordomo@rolux.org, no subject line, message body: info rolux. further questions: mailto:rolux-owner@rolux.org. home: http://rolux.org/lists - archive: http://rolux.org/archive