________________________________________________________________________________ keywords: Anarchie, chaotisch, eingefleischt, jenseits von Nationen und Staaten, Selbstregulierung, deutsche Hauptstadt, traditionell anarchisch, nur technische Regeln, ein Netz von Verträgen, Millionen Dollar, keine Entscheidung, nur die Regeln, problemloses Funktionieren des Internet, tatsächlich oder vermeintlich verboten, nicht unser Geschäft ================================================================================ http://www.spiegel.de/netzwelt/politik/0,1518,24806,00.html C Y B E R S P A C E Die Chaos-Manager Wie verwaltet man Anarchie? Im traditionell chaotischen Internet müssen die Icann-Macher eine einfache Frage beantworten: Wer entscheidet künftig nach welchen Regeln, wie die begehrten Internet-Domänen vergeben werden? Berlin - Noch steht der Cyberspace unter amerikanischer Verwaltung. Auch wenn das Internet für seine eingefleischten Nutzer schon lange jenseits von Nationen und Staaten liegt, entscheidet bislang eine US-Firma im Auftrag der Regierung in Washington über die Vergabe eines wichtigen Teils der sogenannten Domain-Namen, und auch die technische Organisation des weltweiten Computernetzwerks liegt noch in US-Hand. Doch der Countdown läuft - für eine internationale, unabhängige Verwaltungsstruktur, die sogar weniger als die Uno dem Einfluß der Politik unterworfen sein soll. Wichtige Station auf dem Weg zur Selbstregulierung des Cyberspace war in den vergangenen Tagen Berlin. In der deutschen Hauptstadt tagten die vorläufigen Gremien der "Internet Corporation for Assigned Names and Numbers" (Icann). Hinter dem komplizierten Titel verbirgt sich die einfache Frage: Wer entscheidet künftig nach welchen Regeln, wie die begehrten Adressen im Internet vergeben werden? In dem traditionell anarchisch strukturierten Computernetzwerk ist das eine Aufgabe mit Sprengkraft - vor allem, weil das Internet zunehmend wirtschaftliche Bedeutung bekommt. "Wir wollen nur technische Regeln durchsetzen", sagte Esther Dyson, die Vorsitzende des vorläufigen Icann-Verwaltungsrats. "Wir legen eine Linie fest - umsetzen wollen wir sie nicht." Statt von oben verordneter Entscheidungen müsse "ein Netz von Verträgen" dafür sorgen, daß ein einmal erreichter Konsens über den Umgang mit dem Internet von allen respektiert wird. Schon für die Festlegung der großen Linie - und die Etablierung der verschiedenen Gremien, die daran beteiligt sein werden - hat sich Icann fast zwei Jahre Zeit verordnet. Beim Berliner Treffen wurden die Vertreter des vorläufigen "Namensbeirats" benannt. Die "Domain Name Support Organisation" soll Icann bei der Ausarbeitung von Regeln helfen, wie Namen im Internet vergeben werden: Ob die Domain "Ford.com" dem Automobilkonzern gehört oder ob ein John Ford aus dem Mittelwesten der USA darauf Anspruch erhebt, kann über Millionen Dollar Einnahmen entscheiden. "Wir treffen darüber keine Entscheidung", betont Icann-Chefin Dyson. "Wir setzen nur die Regeln fest, wie darüber entschieden werden sollte." Denn das oberste Verwaltungsgremium verstehe sich nicht als Internet-Regierung - und wolle noch weniger als die Vereinten Nationen Regierungsaufgaben und -einfluß an sich ziehen: "Deshalb sind wir auch keine Uno-Unterorganisation." Die Beschränkung darauf, ein Regelwerk zum problemlosen Funktionieren des Internet zu schaffen, wird Icann nicht aus Streitigkeiten heraushalten. Neben der Frage, ob die international gültigen sogenannten Top-Level-Domains .com, .net und .org durch weitere wie .shop oder .firm ergänzt werden, sind auch die Landeskennzeichen im weltweiten Computernetzwerk für jeden Streit gut: Ob zum Beispiel die Schotten ihre Internet-Seiten wie die Engländer unter der Domain .uk bereithalten oder ein eigenes Kürzel bekommen, ist schon jetzt wichtiges Thema für jeden patriotisch gesinnten schottischen Internet-Nutzer. "Darüber müssen sich die Briten selbst verständigen", betonte Dyson. Denn in einen Streit, der über die technische Regulierung hinaus in die Inhalte geht, will Icann auf keinen Fall hineingezogen werden. Im Endeffekt würde das sonst darauf hinauslaufen, daß das oberste Internet-Verwaltungsgremium über die Zulässigkeit eines Web-Angebots mit tatsächlich oder vermeintlich verbotenem Inhalt entscheiden müßte: "Das ist nicht unser Geschäft." ================================================================================ Some background on ICANN: http://www2.hu-berlin.de/~h0444wol/rolux/archive/097.txt Some background on Esther Dyson: http://www2.hu-berlin.de/~h0444wol/rolux/archive/095.txt ________________________________________________________________________________ no copyright 1999 rolux.org - no commercial use without permission. is a moderated mailing list for the advancement of minor criticism. more information: mail to: majordomo@rolux.org, subject line: , message body: info. further questions: mail to: rolux-owner@rolux.org. archive: http://www.rolux.org